Viele Menschen nutzen bereits Künstliche Intelligenz (z.B. ChatGPT), um Texte in Leichte Sprache zu übersetzen. Das sollte grundsätzlich all diejenigen freuen, die digitale Barrierefreiheit voranbringen möchten. Wir hinterfragen heute, wie gut das gelingt.
Ein Textbeispiel
Im Folgenden analysieren wir ein Textbeispiel, welches wir mit ChatGPT und dem Leichte-Sprache-Übersetzer in Leichte Sprache übersetzen ließen. Wir ziehen hierzu einen Beispielsatz zur Geschichte des Sicherheitsgurtes heran, der sehr lang ist und erklärungsbedürftige Konzepte enthält:
Ausgangssatz:
Der schwedische Autohersteller erfand im Jahr 1959 den 3-Punkt-Gurt und machte das Patent öffentlich nutzbar, wodurch sich das System weltweit verbreitete und unzählige Leben gerettet wurden.
Diesen Satz schickten wir zunächst an ChatGPT, mit der Instruktion, ihn in Leichte Sprache zu übersetzen.
Leichte Sprache mit ChatGPT:
„Der schwedische Autohersteller erfand 1959 den 3-Punkt-Gurt. Er machte das Patent öffentlich, damit alle es nutzen konnten. So verbreitete sich das System weltweit und rettete viele Leben.“
Die KI teilt den langen Satz in drei Sätze auf, wodurch die Anzahl der Wörter pro Satz bereits deutlich reduziert wurde. Allerdings sind die letzten beiden Sätze mit jeweils 10 Wörtern und einem Nebensatz noch immer etwas zu lang. Zudem gelingt es ChatGPT nicht, sich auf eine einzige Information pro Satz zu beschränken. Hinzu kommt ein kleiner Formatfehler, da nicht jedem Satz ein Zeilenumbruch vorausgeht.
Neben ChatGPT gibt es auch KI-Modelle, die speziell an die Anforderungen der Leichten Sprache angepasst sind. Unser Modell, der Leichte-Sprache-Übersetzer, folgt den Regeln der Leichten Sprache daher präziser.
Leichte Sprache mit dem Leichte-Sprache-Übersetzer:
Der Sicherheits-Gurt
Ein Auto-Hersteller aus Schweden erfand 1959 den Sicherheits-Gurt.
Der Gurt hat drei Punkte.
Öffentliches Patent
Der Hersteller gab das Patent frei.
Das bedeutet: Jeder durfte den Gurt benutzen.
Verbreitung und Sicherheit
So wurde der Gurt auf der ganzen Welt bekannt.
Viele Menschen wurden dadurch gerettet.
Hier ist man bereits nah an der Leichten Sprache, wie sie von professionell ausgebildeten Übersetzer:innen für Leichte Sprache verwendet wird.
Um dies genauer zu überprüfen, haben wir ChatGPT anhand von fünf Texten aus unterschiedlichen Kategorien getestet: Wissen, Nachrichten, Recht, Kurzgeschichten und Sport. Dabei haben wir die Lesbarkeit der ursprünglichen Texte mit der Lesbarkeit nach der Übersetzung in Leichte Sprache verglichen. Als Maßstab diente der Flesch-Lesbarkeitsindex: Ein höherer Wert deutet in der Regel auf einen leichter verständlichen Text hin.
Hier zeigt sich, dass ChatGPT (der gelbe und grüne Balken) die Lesbarkeit bereits deutlich von 50 auf etwa 65 erhöht – auch wenn dabei nicht alle Regeln der Leichten Sprache eingehalten wurden. Der Leichte-Sprache-Übersetzer (oranger Balken) erreicht in diesem Vergleich die höchste Lesbarkeit mit einem Durchschnittswert von 72.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass es bereits heute möglich ist, Texte mithilfe künstlicher Intelligenz zu vereinfachen. Ob diese dann tatsächlich als Leichte Sprache gelten, hängt von der Perspektive ab: Viele Expert:innen im Bereich Leichte Sprache und Linguistik empfehlen den Einsatz von Prüfgruppen. Prüfgruppen bestehen aus Menschen, die zur Zielgruppe des Textes gehören und diesen gemeinsam mit einer betreuenden Person auf Verständlichkeit überprüfen. Dies unterstützen wir ausdrücklich: Wenn es Ihnen möglich ist, eine Prüfgruppe einzubinden, sollten Sie dies unbedingt in Erwägung ziehen – besonders bei Texten mit wichtigen Informationen oder großem Publikum.
Falls Ihre zeitlichen oder finanziellen Mittel dies nicht erlauben, können Sie sich auch der KI bedienen. In diesem Fall empfehlen wir jedoch, alle Texte sorgfältig gegenzulesen, da KI auch heute noch anfällig für Fehler ist.
Fazit
KI-gestützte Übersetzungen in Leichte Sprache bieten bereits heute beeindruckende Möglichkeiten zur Verbesserung der digitalen Barrierefreiheit. Unser Vergleich zeigt, dass Tools wie der Leichte-Sprache-Übersetzer genauer an den offiziellen Regeln der Leichten Sprache arbeiten als allgemeine KI-Modelle wie ChatGPT. Dennoch kann auch ChatGPT die Lesbarkeit spürbar verbessern und damit einen wichtigen Beitrag zur Inklusion leisten.
Für den professionellen Einsatz bleibt die menschliche Überprüfung jedoch unverzichtbar. Prüfgruppen oder erfahrene Redakteur:innen gewährleisten, dass Texte nicht nur formal korrekt, sondern auch für die Zielgruppe verständlich sind. Wo dies nicht möglich ist, bleibt der Einsatz von KI eine wertvolle Unterstützung – jedoch immer mit einem kritischen Blick. Letztlich führt der beste Weg zur Inklusion über die kluge Kombination aus technischer Innovation und menschlicher Expertise.